VON Nico

Februar 1, 2020

In diesem Beitrag habe ich über einen ganz normalen Tag mit dem Oura Ring berichtet.

Es gibt inzwischen viele Schlaf Tracker, die Dir eine Rückmeldung zu Deiner Schlafqualität geben. Seien es Fitnessarmbänder, wie Fitbit oder Smartwatches von Apple und Samsung oder Smartphone Apps. Oura hat das ganze perfektioniert und erfasst über einen kleinen kaum zu spürenden Ring am Finger Deine Schlafphasen. Doch wie zuverlässig funktioniert das eigentlich? Genau darum ging es in der Studie aus dem Jahr 2018. Hier ein paar interessante Ergebnisse daraus.

Im Vergleich zu einem Vergleichssystem aus dem Schlaflabor zeigt der Oura Ring sehr gute Übereinstimmungen für die Gesamt-Schlafdauer, Einschlafdauer und Erkennung der Leichtschlafphase. Größere und teilweise systematische Abweichungen gibt es für die Erkennung kurzer Wachphasen, sowie die Tiefschlafphase (Oura Ring unterschätzt die Gesamtdauer) und die REM-Phase (Oura Ring überschätzt die Gesamtdauer).

Ich würde mich inzwischen schon fast als obsessiv bezeichnen, wenn es um mein Schlaf-Tracking geht. Der erste Blick am morgen geht voller Spannung in die Oura App, um zu sehen, wie mein Schlaf Score aussieht und ob sich dieser mit meiner subjektiven Empfindung deckt. Früher habe ich Schlaf eher als notwendiges „Übel“ und eigentlich als Zeitverschwendung angesehen. Meine Einstellung hat sich aber spätestens seit dem Lesen des Buches „Das Grosse Buch vom Schlaf“ von Matthew Walker [WAL18] geändert. Walker erklärt, dass Schlaf einer der wichtigsten und zugleich unterschätztesten Aspekte eines gesunden, langen und glücklichen Lebens ist und ausreichend Schlaf vielen Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Diabetes, Herzinfarkt, Krebs, Depressionen, Demenz und Alzheimer vorbeugen kann.

Schlaf Tracking Apps auf dem Smartphone hat wohl jeder schon mal ausprobiert, wobei man sich immer fragt, wie genau das eigentlich sein kann. Irgendwie ja auch klar, dass sie für die genaue Erkennung von Schlafphasen nur begrenzt geeignet sein können. Und eigentlich will man ja nachts auch mal ne Pause von seiner Handy-Strahlung. Irgendwann bin ich auf den Oura Smart Ring aufmerksam geworden. Ein kleiner eleganter Ring den man nachts am Finger trägt und der die Herzfrequenz, die Herzfrequenzvariabilität, Körpertemperatur und Bewegungen aufzeichnet und daraus die Schlafqualität und die Leistungsbereitschaft für den neuen Tag bewertet.

Doch auch hier ist die Frage, wie genau ist er eigentlich bei der Erkennung von den wichtigen Schlafphasen, die unsere Schlafqualität bestimmen. Ich habe eine Studie gefunden, die den Oura Ring quasi mit dem klinischen Referenzsystem aus dem Schlaflabor vergleicht und ziemlich interessante Ergebnisse bringt.

Wie wurde der Oura Ring getestet?

In der Studie aus dem Jahr 2017 [ZAM17] wurden 41 Jugendliche und junge Erwachsene (davon waren 13 weiblich) zwischen 14 und 22 Jahren für eine Nacht im Schlaflabor untersucht. Alle trugen in dieser Nacht den Oura Schlaftracker Ring an einem passenden Finger und wurden gleichzeitig an mehrere Messsysteme angeschlossen, mit denen unter anderem die Hirnaktivität, Herzrhythmus und Muskelaktivitäten aufgezeichnet wurde. Das Verfahren wird als Polysomnographie bezeichnet und gilt als Standard, um die verschiedenen Schlafphasen und auch Schlafstörungen im Labor zu erkennen.

Der Oura Ring gibt in seiner Auswertung (siehe folgende Abbildung) vier verschiedene Schlafphasen aus: Wach-Phase = WAKE, Rapid eye movement Phase = REM, Leichtschlaf-Phase = LIGHT und Tiefschlaf-Phase = DEEP. Aus der Bestimmung der Schlafphasen ergeben sich weitere Größen, die im Vergleich der beiden Systeme ausgewertet wurden: die sogenannte sleep onset latency (= Einschlafdauer), die Gesamt-Schlafdauer und die Gesamt-Wachdauer pro Nacht. Der Oura Ring analysiert zusammenhängende 30-Sekunden Epochen und ordnet fortlaufend jeden Abschnitt einer bestimmten Schlafphase zu. Am Morgen erhält man dann die Zusammenfassung, wann und wie lange die verschiedenen Schlafphasen waren.

 
 
Oura Schlafphasen

Wie genau ist der Oura Ring – Ergebnisse

Für die Gesamt-Schlafdauer zeigt der Oura Ring gute Ergebnisse. Der Mittelwert wich hier nur 1 Minute vom Referenzsystem ab und bei 88 Prozent aller Einzelwerte war der Unterschied weniger als 30 Minuten. Für die Einschlafdauer sind die Mittelwerte beider System gleich und nur bei drei Einzelwerten ist die Abweichung größer als 15 Minuten.

Größere Unterschiede zeigen sich dann schon bei der Erkennung der Wachphasen. Zwar lagen die Mittelwerte beider Systeme auch nur 2 Minuten auseinander aber der Oura Ring zeigte größere Abweichungen bei den Personen, die häufige und längere Wachphasen während der Nacht hatten. Die größte Abweichung eines Einzelwertes lag dabei bei 60 Minuten. Prozentual ausgedrückt heißt das, der Oura Ring war zwar in etwa 96 Prozent aller 30-Sekunden Epochen in der Lage den Zustand „schlafend“ zu identifizieren aber nur bei 48 Prozent den Zustand „wach„.

Interessant wird es dann auch bei den verschiedenen Schlafphasen. Für die Leichtschlaf-Phase zeigen die Mittelwerte eine gute Übereinstimmung und weichen nur 3 Minuten voneinander ab. Die maximale Abweichung eines Einzelwertes des Oura Ringes lag bei etwa 150 Minuten und die zeitliche Zuordnung der 30-Sekunden Epochen zum Leichtschlaf war zu 65 Prozent korrekt.

Systematische Unterschiede gab es dann bei der Zuordnung der Tiefschlaf– und der REM-Phase. So überschätzt der Oura Ring etwas die Dauer der REM-Phase (im Mittel etwa 17 Minuten) und unterschätzt die Dauer der Tiefschlaf-Phase (im Mittel etwa 19 Minuten). Bezogen auf die korrekte zeitliche Zuordnung heißt das, Oura liegt in 61 Prozent aller 30-Sekunden Epochen der REM-Phase richtig und zu 51 Prozent bei der Tiefschlaf-Phase. Der Oura Ring neigt tendenziell dazu, den REM-Schlaf der Leichtschlafphase zuzuordnen (in drei von vier Fällen aller nicht korrekten Zeiträume).

Oura Ring Genauigkeit Schlafanalyse

Die Abbildung zeigt die mittleren Abweichungen (blaue Balken und Zahlenwerte) des Oura Rings vom Referenzsystem. Die dünnen Fehlerindikatoren zeigen die Größe der Standardabweichung (etwa 68 Prozent aller Werte liegen innerhalb dieses Bereiches).

Welcher Finger ist am besten für den Oura Ring? (Nein es ist nicht der Ringfinger…)

Die Studie untersuchte auch, ob der Finger, an dem der Ring getragen wurde einen Einfluss auf die Genauigkeit hat. Interessanterweise gab es die größten Abweichungen am Ringfinger für Detektion der REM- und Leichtschlafphase. Der Zeigefinger und die anderen Finger ergaben hier bessere Ergebnisse. Das könnte also darauf hindeuten, dass der Ringfinger nicht die beste Wahl für den Oura Ring ist und so dem Hochzeitsring keine Konkurrenz macht. Diese Erkenntnis sollte auf Basis der geringen Personenzahl jedoch mit Vorsicht genossen werden.

In einer früheren Studie [KIN16] wurde auch untersucht, welchen Einfluss die Hand hat, an der der Ring getragen wird. Die Autoren berichteten, dass die REM-Phase beim Tragen auf der dominanten Seite eher seltener identifiziert wurde als auf der nicht-dominanten Seite. Das würde die Ergebnisse der obigen Studie unterstützen, in der alle Teilnehmer den Ring an der nicht-dominanten Hand getragen haben und die Dauer der REM-Phase ja eher überschätzt wurde. Diese Daten könnten darauf hindeuten, dass das Tragen an der dominanten Hand besser ist, allerdings fehlt eine systematische Untersuchung dazu.

Was bedeutet das jetzt? Schlafe ich besser mit dem Oura Ring?

Okay, fassen wir zusammen: Gesamt-Schlafdauer und Einschlafdauer lassen sich sehr gut erkennen. Schwächen gibt es noch bei der Erkennung von kurzen Wachphasen. Ich vermute dass der Oura Algorithmus (noch) nicht darauf optimiert ist. Wahrscheinlich treten diese kurzen Wachphasen im Schlaflabor (durch die ungewohnte Schlafumgebung und Verkabelung mit den Messsystemen) auch wesentlich häufiger auf, als im heimischen Bett. Die Frage ist also eher, wie relevant sind die eigentlich.

Interessanter wird es ja eigentlich bei den so wichtigen REM- und Tiefschlafphasen. Der Oura Ring überschätzt im Mittel die Dauer der Tiefschlafphase und unterschätzt die Dauer der REM-Phase. Ich denke es gibt mehrere Gründe dafür, zum Einen die wahren Grenzen der Genauigkeit des Oura Rings und zum Anderen die speziellen Bedingungen dieser Studie:

Einfluss des Alters

Die größten Unterschiede bei der Bestimmung der Tiefschlafphase gab es bei den jüngsten Teilnehmern (14-16 Jahre) und die Abweichungen wurden mit zunehmendem Alter geringer. Jugendliche haben auch eine wesentlich längere Tiefschlafphase, die mit zunehmendem Alter immer kürzer wird. Da der älteste Teilnehmer dieser Studie 22 Jahre war, wäre es interessant die Daten einer älteren Personengruppe zu sehen. Möglicherweise berücksichtigt der Oura Algorithmus die altersspezifischen Besonderheiten bei der Auswertung der Daten noch nicht gut genug.

Einflüsse der Ringgröße und der Ringposition

In der Studie wurden aus praktischen Gesichtspunkten nur zwei Ringgrößen verwendet. Dann wurde bei jeder Person geschaut, an welchem Finger der nicht-dominanten Hand einer der Ringe am besten passt. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass nicht bei allen Personen eine optimale Ringgröße verwendet wurde, was wiederum die Genauigkeit beeinflusst.

Oura gibt an, dass der Ring an jedem Finger getragen werden kann. Die Ergebnisse zeigen, dass es aber Unterschiede gibt, je nachdem an welchem Finger bzw. auch an welcher Hand der Ring getragen wird. Da hier aber eine systematische Untersuchung fehlt, könnte das auch reiner Zufall sein.

Beobachtungsdauer

Von allen Personen wurde nur eine Nacht aufgezeichnet. Der Oura Ring braucht in der Regel zunächst mehrere Nächte, um das persönliche „Baseline“ Niveau zu bestimmen. Es ist also nicht ganz klar ob die Oura Auswertung längere Zeit braucht, um sich an seinen Träger „anzupassen“. Möglicherweise verbessern sich die Ergebnisse nach mehreren Nächten.

Ringversion und Softwareversion

Die Studie aus dem Jahr 2017 wurde mit der ersten Version des Oura Rings durchgeführt. Inzwischen gibt es schon eine neue Version des Rings. Zudem ist davon auszugehen, dass seit diesem Zeitpunkt durch die immer größer werdende Datenbasis Optimierungen in den Oura Algorithmus eingeflossen sind und sich die Genauigkeit stetig verbessert.

Natürliche Grenzen

Mit der Messung von Biosignalen am Finger bestehen natürliche Grenzen und es wird sich nie die Genauigkeit von klinischen Referenzsystemen erreichen lassen. Nicht umsonst werden für die exakte Bestimmung von Tiefschlaf- und REM-Schlafphasen auch Hirnaktivitäten gemessen und ausgewertet. Wer hier noch einen Schritt weitergehen will, kann mit dem Dreem System über ein Stirnband auch zuhause seine Hirnaktivität im Schlaf messen. 

Trotz der natürlichen Grenzen bei der Schlafanalyse bietet der Oura Ring für mich eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem Schlaf Tracking mit anderen Systemen, wie Fitbit oder einfachen Smartphone Apps:

Vorteile des Oura Rings

Man bekommt Feedback: Das Bewusstmachen der eigenen Schlafgewohnheiten geht am besten über konkrete Zahlen. Jeden Morgen gibt es die Fakten zur Schlafdauer, Zeit in den verschiedenen Schlafphasen, Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabilität (HRV). Daraus berechnet Oura einen Sleep- und einen Readiness Score. Obwohl die Werte nicht ganz transparent sind, weckt das den „sportlichen Ehrgeiz“ gut zu schlafen.

Seinen persönlichen Biorhythmus finden: Nach einer Anlernphase gibt Oura Empfehlungen für optimale Zeitfenster zum ins Bett gehen. Man kann auch selber damit experimentieren, vielleicht sorgt nur eine halbe Stunde früher ins Bett gehen für einen echten Leistungsschub am nächsten Tag. Oder eine halbe Stunde früher aufstehen macht eigentlich gar keinen Unterschied.

Krankheiten frühzeitig erkennen: Abweichungen bei der nächtlichen Herzfrequenz und der Körpertemperatur können mögliche Infekte ankündigen. Ein frühzeitiges Zeichen jetzt auf die Bremse zu treten.

Hauptstörgrößen und Wachphasen erkennen: Wie wirkt sich welches Essen in welchem Abstand auf den Schlaf und die Ausgeruhtheit am nächsten Morgen aus? Welchen Effekt hat Alkohol oder ein spätes Workout auf meine Herzfrequenz und meine HRV. All das kann mit dem Oura Ring objektiv beurteilt werden. Treten während der Nacht wiederholte unbemerkte Wachphasen auf, sollte der Ursache auf den Grund gegangen werden.

Trainingsbelastung und Leistungsbereitschaft: Herzfrequenz, HRV, Atemfrequenz und Körpertemperatur geben Auskunft über die Beanspruchung des Körpers durch die letzten Trainingseinheiten und die Bereitschaft für neue Trainingsreize. 

Nahezu unbemerkt: Einen dezenten Ring während der Nacht am Finger tragen merkt man nach kurzer Zeit nicht mehr. Mit dem Ring im Flugmodus gibt es keine Strahlung mehr und sein Handy kann man auch ausstellen. Es lassen sich mit dem Ring übrigens auch andere „Aktivitäten“ im Bett aufzeichnen…

Fazit

Der Oura Ring genügt sicher (noch) nicht einer wissenschaftlichen Genauigkeit bei der Bestimmung der persönlichen Schlafphasen. Aber er erreicht doch schon ein sehr gutes Maß. Schlussendlich zählen auch die eigenen relativen Veränderungen über einen längeren Zeitraum betrachtet. Und obwohl es auch mit ihm noch zu viele kurze und nicht-optimale Nächte gibt, ist der Oura Ring bis jetzt der beste Motivator den ich je hatte, um mich um meinen Schlaf zu kümmern.

Damit sage ich Gute Nacht und wünsche Euch einen erholsamen Schlaf!

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Nico


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